Meinhard Ansohn
Wie klingt unsere Schule?


Musik kann Schule lebendig werden lassen


Unsere - meine - Schule ist eine von über 17.000 Grundschulen in Deutschland, eine von
etwa 440 im Bundesland Berlin, eine von 42 im Bezirk Tempelhof-Schöneberg, eine von 9 im Ortsteil Tempelhof-Nord und die Einzige, an der ich unterrichte (unser Religionslehrer springt durch drei Grundschulen). Für alle anderen Kolleginnen und Kollegen, Schülerinnen und Schüler ist die Paul-Klee-Schule unsere Schule. Denken wir an "unsere Schule", sei es an die aus der eigenen Schulvergangenheit oder sei es als Vater, Mutter, Erzieherin, Lehrerin, Schulleiterin, werden mit dem Stichwort "unsere Schule" etwas Anderes verbinden. Freud und Leid, vergehende Zeit, Spaß und Spiel oft nicht so viel, Menschen weich und hart, Szenen unterschiedlichster Art. Was an Erinnerungen bleibt, wenn wir "unsere Schule" verlassen haben, sind oft die Klassenfahrten, die großen Aufführungen und Feste, die beste Freundin, das schlimmste Erlebnis, manchmal Lehrer xy, selten die einzelne Stunde oder das Fach. Musik ist etwas, das in diesen dauerhaften Erinnerungen eine große Rolle spielen kann,
wenn sie stattfindet, die Schule lebendig werden lässt, indem sie das Schulleben innerhalb
und außerhalb des Unterrichts begleitet und mit prägt. Da, wo wir aktiv diese Momente initiieren, indem wir das Fach Musik mit Besonderem, Erinnernswertem füllen, gilt es immer neu nachzudenken über Musik in "unserer Schule".


Ein musikalisches Haus? – Eine Ideensammlung

Wie ist das in unserer Schule? Gibt es spezielle, wiederkehrende Feste, wo Musik gemacht wird? Sommerfest, Weihnachtssingen, Schulgründungsfest, Einschulungsfeier, Abschiedsfeier, Elternnachmittag oder Jahresabschlussfeier? Wie viel kann ich als Musiklehrkraft mitgestalten, wie viel darf ich, wie viel schaffe ich, welche Hilfe von Kollegen oder Eltern brauche ich? Über Anlässe für Feiern sowie deren Ausgestaltung berät man in der Regel in Gremien, in der Fachkonferenz, im Team oder beim Elternabend. Solche Anlässe sind oft ein Ausgangspunkt für ein lebendigeres Schulleben oder ergänzen das vorhandene mit aktuellen Bezügen.

Jubiläen

Wie alt wird unsere Stadt (unser Bezirk, unser Stadteil)? Wann rundet sich das Gründungsjahr unserer Schule? Wann hat der Namensgeber der Schule einen runden Geburtstag?

Partnerschaften

Gibt es einen Anlass, eine Partnerstadt unserer Stadt zu feiern? Haben wir eine Partnerschule,
die uns Themen für Sing-Spiel-Tanzaufführungen liefert? Das europaweite Comeniusprojekt
lädt vielleicht zu einer musikalischen Europareise ein?

Jahreswidmungen

Viele Institutionen rufen jedes Jahr ein "Etwas" des Jahres aus, um ihm besondere Beachtung
im unübersichtlichen Alltag zu verschaffen.
Der NABU hat den Gartenrotschwanz zum Vogel des Jahres 2011 ernannt. Die Elsbeere ist der Baum des Jahres. Die UNO hat das
Jahr 2011 zum Jahr der Wälder ausgerufen, die UNESCO das Jahr der Chemie, die EU das Jahr der Freiwilligentätigkeit. Die Kulturhauptstädte 2011 sind Tallinn in Estland und Turku in Finnland. Bei Wikipedia findet sich wie alle Jahre auch 2011 jede Menge inspirierendes Material wie das Jahr der Fledermaus
(UNEP) oder des Rosmarins als Heilpflanze des Jahres.
Das Instrument des Jahres ist 2011 die Posaune. Ein guter Anlass, das zu Unrecht oft wenig beachtete Instrument in den Musikunterricht einzubringen.


Benefiz

Gerade ist die Zahl der Charity-Veranstaltungen für Haiti etwas abgeebbt, schon erlebt Japan eine seiner schlimmsten Katastrophen. Ein Konzert für Japan mit vielem, was wir sowieso
gern singen und spielen, aber auch mit japanischer Musik, so weit wir das können, wäre angebracht. Das Lied Sakura ist so ein Lied, mit dem wir unsere Gedanken den Kindern in Japan schicken  können. Benefiz-Konzerte für die großen Hilfsaktionen wie auch für die kleine Unterstützung für eine neue Tafel, ein Sportgerät oder die Renovierung unserer Aula, das sind Dinge, die Musik selbst in den Augen von Musikmuffeln im Ansehen hebt. Da können wir etwas bewegen.

2 Sakura                                         T & M: Trad.

Sakura, sakura,
der Frühlingshimmel
so weit das Auge reicht.
Wie Nebel, wie Wolken.
Der Duft und die Farben,
gehen wir, gehen wir
uns am Anblick erfreuen.

Hörprobe





Ein Schullied


An meiner Schule gibt es kein Schullied, obwohl bei uns viel gesungen wird. Es gab keinen Moment, wo der Großteil der "Schulgemeinde" ein Gemeinschaft stiftendes Lied suchte oder
brauchte. Es gibt aber viele Schulen, die in einem Schullied z. B. ihr Profil benennen, mit
diesem Lied Gäste begrüßen oder beim Abschluss von Festen das besingen, was ihr Schulleben im Besonderen ausmacht.
Hier ein Beispiel: Es ist der gleiche Wind, ein Lied, das viele Eigenschaften von Menschen gegenüberstellt. Wir erkennen uns und andere wieder und können mit eigenen Strophen sowohl die Unterschiede als auch die Gemeinsamkeiten, die unser Schulleben ausmachen
benennen. Zuerst sollte der Refrain einstudiert werden. Im Gespräch wird gemeinsam überlegt, was der Text bedeutet. Wir sprechen darüber wie verschieden wir sind und wie wir alle unseren Platz in der Welt haben wollen. Was finden wir davon in den Strophen wieder? Was trifft vor allem auf uns zu, auf unser Schulprogramm, auf diejenigen, die wir jeden Tag sehen, auf uns selber? Dafür brauchen wir eigene Strophen, Zweizeiler mit Reim. Die Ideen von Kindern und Erwachsenen kommen zusammen und wachsen zum Schullied, vorausgesetzt, wir wollen und brauchen eines.

1 Es ist der gleiche Wind   T: Meinhard Ansohn/Esther Thies, M: Meinhard Ansohn

2. Ob wer groß der klein geraten, dünner
oder dick,
ob wer zeigt, was er gerne anzieht, einfach
oder schick,
es ist der gleiche Wind, …

3. Ob wer viel oder weniger tut, ob langsam oder schnell,
ob wer lacht oder ernster aussieht, dunkel oder
hell,
es ist der gleiche Wind, …

4. Ob wer hört wie ein Luchs oder nutzt ein
Hörgerät,
ob wer stets ganz früh da ist oder manchmal
ziemlich spät,
es ist der gleiche Wind, …


5. Ob wer rennt oder geht oder oft im Rollstuhl
sitzt,
ob wer still auf dem Platz bleibt oder durch die Klasse flitzt,
es ist der gleiche Wind, …

6. Ob wer Sport oder Rechnen oder nur die
Pausen liebt,
ob wer viel ganz für sich braucht oder auch den and’ren gibt,
es ist der gleiche Wind, …

7. Ob wer geigt oder flötet oder ganz auf’s
Trommeln steht,
ob wer singt oder trötet oder nur CD’s
aufdreht,
es ist der gleiche Wind, …

8. Ob wer schreibt oder lieber gold’ne Perlen
wählt,
ob wer Freiarbeit als Arbeit oder mehr als
Freiheit zählt,
es ist der gleiche Wind, …



Der Check am Schuljahrsende
- ein Neubeginn am Schuljahrsanfang


Am Ende jeden Schuljahres stehen die Zensuren an. Die Frage, ob die Zensuren zu einer musikalischen Schule beitragen, stellt sich in der aktuellen Schullandschaft nicht. Zensuren sagen vielleicht etwas darüber aus, wie gut sich die Schüler den Anforderungen im Schulhalbjahr angepasst haben. Ob jemand seine musikbezogenen Fähigkeiten und Fertigkeiten, seine Kompetenzen im Umgang mit Musik wirklich weiterentwickeln konnte, werden die Zensuren kaum aussagen können. Für uns ist wichtig, dass wir sie begründen können und dass sie wiedergeben, was im Unterricht des vergangenen Halbjahres stattgefunden hat. Was aber beinahe noch wichtiger für unsere musikalische Schule ist: Wie sehen die Kinder sich selber? Eine kleine Checkliste zum Ende des Schuljahres gibt uns Aufschlüsse darüber:
Das habe ich gern gemacht.
Das habe ich weniger gern gemacht.
Das habe ich gelernt.
Das fand ich schön, lustig, interessant.
Das würde ich gern im nächsten Jahr weiter machen.
Das würde ich gern neu lernen.
So wird das Ende zum neuen Anfang, in dem wir sammeln, was den Kindern wichtig war
und was sie sich das nächste Schuljahr vorstellen. Die in immer mehr Rahmenlehrplänen
geäußerte Forderung, dass auch schon kleine Kinder die Selbsteinschätzung lernen, wird so
ebenfalls eingelöst.


Wie klingt unsere Schule? - Der klingende Klassenraum

Wer erkennt die Geräusche, die unsere Schule macht? Spannend ist es, wenn wir eine Tür entdecken, die außerordentlich schön quietscht oder ein Fenster, das hervorragend klappert. Ein Geräuschequiz per Ton- und Bildaufnahme ist eine spannende Höraufgabe und dient gleichzeitig der Wahrnehmungsförderung. So ein Quiz kann auch eine erlebnisreiche Schulaktion beim Elternnachmittag sein. Hier die Lösung zum Quiz: 1. Fenster öffnen,
2. Vorhang zuziehen, 3. Notenständer, 4. Kreide an der Tafel, 5. raschelnde Tüte im Papierkorb, 6. Türklinke, 7. Schlüsselbund, 8. Schranktür, 9. Heizungsrippen,
10. Treppenhaus.

5 Quiz - Wie klingt unsere Schule?                               




"So klingt der Klassenraum - unser Instrument"


Nach dem Erforschen der Schulklänge sind die Ohren geschult, um die Sounds des Klassenzimmers wahrzunehmen und sie für etwas Musikalisches zu verwenden. Das Rhythmical So klingt unser Klassenraum kann als Ausgangsbasis für eigene Texterfindungen dienen. Jedes Klassenzimmer hat seinen ganz eigenen Klang mit seinen eigenen Instrumenten. Die Gestaltung des Rhythmicals ist offen. Eine Möglichkeit ist die Strophe-Refrain-Form, bei der die Zeile "So klingt der Klassenraum ..." als Refrain fungiert und die einzelnen Instrumente wie Heizung, Tische usw. als Strophen. Refrain und Strophen wechseln sich nacheinander ab. Eine andere Variante ist der Sprechkanon. Entweder übernimmt jede Gruppe eine Zeile und wiederholt sie, bis der Leiter das Ende signalisiert
oder verschiedene Gruppen, die in zweitaktiger Abfolge nacheinander einsetzen, sprechen
jeweils die ganze Abfolge.

5 Rhythmical - So klingt der Klassenraum    T & M: Meinhard Ansohn
Jeder Raum kann ein Instrument sein. Wir müssen nur seine Klänge erforschen und sie zu einem Musikstück zusammenfügen.
Sprecht das Rhythmical.
Spielt das benannte "Instrument" dazu.
Erfindet Strophen mit weiteren "Instrumenten".



Ein Lied über die Fächer - Einschulung


Schule ist für alle da. Wenn zur Einschulung die neuen Kleinen mit großen Augen und Ohren sitzen und auf ihre erste Schulstunde warten, freuen sie sich über etwas Musikalisches von den Großen. Wir begrüßen sie mit Liedern und Musik, die wir gut können. Und immer auch gern mit einem Lied, das von den guten Seiten unserer Schule handelt. Das Lied Schule ist für alle da zeigt ein paar Aspekte unserer Schulfächer. Für Kinder, die sich wenig Text merken können, ist es möglich als Kleingruppe eine Strophe zu übernehmen. Alle singen den Refrain zusammen. Auch ein kleines Bewegungsmuster mit Klatschen und Patschen kann dazu erfunden werden und beim Vorsingen zum Mitmachen anregen.

3 Schule ist für alle da                    T & M: Meinhard Ansohn

2. Wir malen, wir zeichnen, wir basteln etwas um.
Wir schauen und wir reden drüber. Das ist gar nicht dumm.
Ja! Hey, ho, hujaja ...
3. Wir laufen, wir springen, wir turnen überall.
Wir werfen und wir fangen bei den Spielen mit
dem Ball.
Ja! Hey, ho, hujaja ...
4. Wir lesen, wir schreiben, wir lernen ein Gedicht.
Dann spielen wir Theater, mal mit Wörtern und
mal nicht.
Ja! Hey, ho, hujaja ...
5. Wir zählen, wir rechnen, wir zeichnen ein
Quadrat. Wir laufen auf dem Kreis und rechnen,
wieviel Grad er hat.
Ja! Hey, ho, hujaja ...
6. Wir machen gern Pause. Wir rennen gerne viel.
Mal Basketball, mal Tischtennis: Für jeden gibt’s
ein Spiel.
Ja! Hey, ho, hujaja ...
Hörprobe



Zu guter Letzt ...

Unsere Schule als musikalisches Haus zu erleben, dem nachzuspüren und möglichst viele
Menschen gestaltend einzubeziehen, wird heutzutage immer wichtiger. Wir Musik-Unterrichtende sind oft zu wenige, um genug bewegen zu können, aber wir haben die Macht der Musik hinter uns, wenn wir sie geschickt einsetzen können.












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