Meinhard Ansohn
Sonne, Wind und Wolken



Vernetzung von Wahrnehmungen und Musik

Wie alles in uns und um uns herum bringen Sonne, Wind und Wolken Erfahrungen, die sich musikalisch betrachten und gestalten lassen. Wir fühlen die Wetterkräfte und versuchen, sie in Musik zu fassen. Wir sehen sie und ahmen ihre Erscheinungsweisen nach. Wir sprechen und singen von ihnen. All dies vernetzt die Wahrnehmungen mit dem Ausdrucksvermögen.

Improvisieren, Klanggeschichten zusammenstellen oder sogar komponieren sind Dinge, die den Kindern schon ab der ersten Klasse Spaß machen. In der vierten Klasse können sie das oft schon selbständig in Arbeitsgruppen. Hier sind erst ein paar Gesprächsimpulse und methodische Vorschläge für die „Kleinen“, für die älteren SchülerInnen gibt es eine Gruppenaufgabe zum selben Thema.

Die Sonne - Quelle von Licht und Wärme

"Wie ist die Sonne?" Wir sprechen darüber: Rund, groß, sieht ruhig aus, manchmal rot, orange, gelb, hell, sehr hell, gehört zum Tag, macht Licht, warm, sogar heiß, macht uns Hitze, Sonnenbrand ...
"Welche Instrumente passen zur Sonne?" Wir probieren aus: Holz? Würde verbrennen. Fell­instrumente? Vielleicht, wenn wir sie ganz schnell spielen wie auf einer heißen Platte ... Metall? Das könnte gehen. Metall wurde auch heiß gemacht, geschmolzen, in Formen gegossen oder gehämmert. Der Gong ist groß und rund. Helle Stabglocken können sich nach Lichtstrahlen anhören. Probieren wir aus, einen Sonnenaufgang zu spielen. Langsam kommt die Sonne am Horizont herauf. Einzelne Strahlen zeigen sich und wir spielen vorsichtig. Wir werden lauter bis hin zum großen Gong - oder Beckenschlag. Da ist die Sonne.


Welches Instrumentenmaterial passt zur Sonne? Holz? Es würde verbrennen. Dann eher Metall.


Der Wind - Vom leisen Hauch zum Sturm

"Wie ist der Wind?" Wir sprechen darüber: Es gibt ihn ganz sanft und ganz wild. Er bewegt die Luft, kann aus allen Richtungen kommen, warm oder kalt. Er kann etwas wegpusten. Bäume bewegen. Als Sturm kann er Dächer abdecken. Meine Mütze kann er wegblasen. Im Sommer kann er die Luft ein bisschen abkühlen ...
"Welche Instrumente passen zum Wind?" Es wird ausprobiert: Wir pusten wie der Wind selbst. Ja, die Luft kann man hören. Mit Röhren kann man das verstärken, mit Blechblasinstrumenten auch, erst mal ohne Mundstück, dann mit Mundstück. Auch mit einer Klarinette oder einem Saxofon geht es. Haben wir einen Heulschlauch, den man durch die Luft wirbelt? Einen richtigen Sturm können wir mit Trommeln verstärken. Die spielen wir gemischt. Eine Gruppe macht Wischbewegungen, eine andere ganz schnelle Fingerbewegungen am Fellrand, damit es sich nicht zu sehr wie Regen anhört.

Die Wolken - Von der Schäfchenwolke bis zum dunkelgrauen Himmel

"Wie sind die Wolken?" Wir sprechen darüber: Manche sind klein und weiß, andere sind groß und grau, einige sind riesig und schwarz. Eigentlich haben sie keine Farbe, sie bestehen nur aus Wasser in winzigen Tröpfchen. Aus dem Flugzeug sehen sie fast alle weiß aus, wenn die Sonne von oben drauf scheint. Von unten sehen sie umso dunkler aus, je dichter sie sind und je mehr übereinander liegen, denn sie verdecken das Sonnenlicht. Die schönen weißen Schäfchenwolken können plötzlich dichter werden und auch dunkler. Auf einer Bergspitze kann man sogar mitten in einer Wolke stehen. Das fühlt sich nass an und man merkt sofort: Wolken bestehen aus Wasser ...
"Welche Instrumente passen zur Wolke?" Wolken sind schwer zu spielen, aber wir probieren es:  Feine Wassertröpfchen könnten wir mit ganz zart klingenden Rasseln spielen, dann mit größeren, aber nicht zu harten Rasseln, lieber aus Kunststoff oder Holz, nicht aus Metall. Manche "Rainmaker" oder "Regenstäbe" klingen fein genug, um nicht gleich wie Regen oder Brandung zu klingen. Empfehlenswert ist in diesem Zusammenhag auch die "Oceandrum", welche man leicht selbst bauen kann (siehe Seite 24 in diesem Heft). Wenn wir ein Wetter spielen wollen, müssen wir uns bei Wolken auf Klänge verständigen, die eigentlich schon fast zum Regen passen. Die Stille einer wassertröpfchenhaltigen Luft hören wir nicht wirklich. Manchmal klingen Metallofone nach Wolkenformen. Vielleicht spielt jemand solche Klänge und wir machen die Augen zu. Wolke? Oder doch Sonne wegen des Metalls? Unser Gefühl muss entscheiden.


Wie es sich mitten in einer Wolke anfühlt, kann man manchmal in den Bergen erleben.


Wettermusik

Wir sitzen im Kreis und jedes Kind hat etwas Klingendes, einen Gegenstand oder ein Instrument, das es ausprobiert hat. Nacheinander spielt jeder seine Klänge und wir ordnen zu, was zu Sonne, Wind, Wolke oder nichts davon passt. Meistens wird Regen dabei sein. Er wird den  Wolken zugerechnet. Anschließend setzen sich alle Kinder mit dem gleichen Klangthema zusammen und wir erfinden einen Tag - oder erzählen direkt von gestern oder heute - und spielen anschließend unser Wetter des Tages. Dabei ist Vorsicht angebracht, denn wenn alle sofort laut spielen, hören wir nichts mehr von dem, was den einzelnen Spielern eingefallen ist.
Oder es wird eine kleine Geschichte vorgegeben: Die Sonne geht auf. Sie strahlt am Himmel. Kleine Wölkchen schweben heran. Dickere Wolken kommen. Es wird windig. Die Sonne ist nicht mehr zu sehen. Der Wind bläst die Wolken weg. Nur ein kleiner Windhauch bleibt im Sonnenschein.

1 Gruppenaufgabe                                                  
Spielt eine Musik, die zu den Eigenschaften von Sonne / Wolken / Wind passt.

1. Lest die Aufgabe gemeinsam.
2. Schreibt Eigenschaften von Sonne / Wolken / Wind auf.
3. Überlegt, welche Instrumente oder welche Klänge diesen Eigenschaften ähnlich sind.
4. Probiert Verschiedenes aus. Spielt abwechselnd. Spielt auch gleichzeitig.
5. Legt eine Reihenfolge fest, vielleicht aich einen Rhythmus oder eine Melodie.
6. Achtet auf einen klaren Anfang und ein klares Ende
7. Überlegt, wie wie ihr bei eurer Vorführung sitzen oder stehen wollt. Vielleicht wollt ihr euch auch bewegen.

Gleiche Rechte für alle! Vorschläge werden ausprobiert!
Niemand wird ausgeschlossen!





Wetterphänomene als Bewegungs- oder Tanzspiel

Wir tanzen einen Sonnentanz

"Guten Morgen, Sonne. Mach den Tag uns hell. Bleib doch ein bisschen länger. Gehe nicht so schnell." Das kann man sagen oder singen. Eine feste Melodie braucht man dafür nicht. Wir tanzen dazu im Kreis, fassen uns an den Händen, gehen in die eine oder andere Richtung. Ein Kind in der Mitte kann die Sonne sein und mit den Armen seine Strahlen verschicken. Nach zwei Durchgängen geht es auf ein Kind im Kreis zu, das dann als Sonne in die Kreismitte geht, und reiht sich selbst ein.

Wir tanzen einen Windtanz

Wir stellen uns in Gruppen in die vier Himmelsrichtungen auf. "Der Westwind kommt, der Westwind kommt. Wind komm mal rüber, aber gehe wieder." Das kann man sagen oder singen. Die Westwindgruppe denkt sich eine Bewegung, eine Schrittform oder eine Geschwindigkeit aus und tanzt damit auf die andere Seite während die übrigen Kinder im Tempo des Verses in die Hände klatschen, natürlich schneller oder langsamer werdend, wenn der Wind in anderem Tempo vorbeizieht. Der Nordwind, der Ostwind und der Südwind folgen. Aus allem kann auch ein Wirbelwind entstehen, so lange die entstehende Toberei musikalisch motiviert bleibt. Dazu muss man seine Kinder kennen. Ein Beckenschlag kann das Treiben beenden. Dann gehen alle Winde in ihre Ecken zurück.


Dreimal Wind: Surfer vor der Insel Sylt, Schneesturm in den Alpen, Tornade in Kansas/USA


Wir tanzen einen Wolkentanz

"Wolken kommt, es ist zu heiß. Jeder braucht euch, wie man weiß. Weiß und grau, grau und weiß. Kommt herbei, es ist zu heiß." Das kann man sagen oder singen. Dazu finden wir einzelne Kinder, die wie schwebend durch den Raum ziehen (eventuell mit Tüchern), von einer nachfolgenden Gruppe eingeholt werden, umeinander kreisen, immer mit Blickkontakt, aber ohne sich zu berühren. Am Ende sind alle Wolken wieder am äußeren Rand des Raums verschwunden.


Eine Bewegungsgeschichte

Der Komponist Gustav Mahler (1860-1911) hat in seine Sinfonien viele kleine "Programme" eingebaut. Der zweite Satz seiner Sinfonie Nr. 3 d-Moll wird auch Blumenstück genannt. Wir hören daraus die ersten vier Minuten und stellen uns eine Blumenwiese vor, die in feine Sonnenstrahlen getaucht ist. Alles ist ruhig, bis Wind aufkommt. Er weht um die Blumen herum, die sich einrollen um nicht vom Wind geschüttelt zu werden. Dann wird er wieder ruhig und die Blumen entfalten sich von Neuem.
In einem geeigneten Raum können wir das Stück nachgestalten. Kinder, die die Blumen darstellen, haben farbige Tücher und wachsen am Anfang sukzessive nach oben. Sie wiegen sich im Dreiertakt des Menuetts hin und her, können sich dabei auch drehen, in Paaren zugewandt oder in kleinen Grüppchen. Es gibt kleine Abschnitte, zu denen sich die Kinder etwas einfallen lassen können, wenn sie ihre Bewegungsart verändern wollen.
Außen herum lauert der Wind - Kinder mit weißen und grauen Tüchern. Bei Minute 2:21 ist ihre Zeit gekommen. Sie stehen auf und tanzen um die Blumen herum, die sich ganz klein machen und ihre Bewegung reduzieren, wobei sie auch vom Wind angestoßen oder geschüttelt werden können. Bei Minute 2:52 beginnen die Windkinder sogar sich um sich selbst zu drehen, während sie um die Blumen herum tanzen. Ab Minute 3:14 legen sie sich nach und nach wieder auf den Boden. Zugleich kommen die Blumen wieder aus ihrer Ruheposition heraus und stehen bei 4:04 ganz still.


Ein Bild zur Musik

Der Westwind kommt von Westen. Westen ist auf Landkarten üblicherweise links. Westen gibt es überall, auch in östlichen Breitengraden. Es kommt darauf an, wo wir stehen.
Claude Debussy (1862-1918) lebte in Paris. Starker Westwind kam damals wie heute vom Atlantik, schwächerer Wind eher aus Richtung Normandie, wo die Apfelbäume blühen. Im Westen von Debussys Pariser Wohnung liegt außerdem  der Pariser Vorort Saint Germain-En-Laye, wo er geboren wurde. Vielleicht hat der Westwind sein Elternhaus gesehen? Jedenfalls gibt es dieses Klavierstück, schnell und wild soll es sein: Ce qu’a vu le vent d’ouest  - Was der Westwind gesehen hat - so heißt es.
Wir malen ein Bild, auf dem zu sehen ist, was der Westwind bei uns gesehen haben könnte. Eine Karte oder Bilder aus dem Rechner am Whiteboard oder alte Heimatkundebücher zeigen uns, wie unser Westen aussieht. Ein Himmel mit Westwind hat oft Wolken. Daraus lässt sich eine Langzeitbeobachtungsaufgabe machen: Woher kommt heute der Wind und wie sieht der Himmel aus?
Wir spielen Ce qu’a vu le vent d’ouest mehrmals ab und malen dazu, was uns einfällt, vielleicht auch den Westwind als Himmelsgestalt, Zephyr hieß er nach dem griechischen Gott der Winde und war gar nicht so wild wie in dieser Musik, sondern ein Frühlingswind, eine Brise, nicht so kalt wie der Ostwind ... Was hat der Westwind gesehen, wenn er hier bei uns ankommt? Wir vergleichen unsere Bilder und hören dazu am Schluss noch einmal die Musik von Claude Debussy.


Musikbeispiele  voller Sonne, Wind und Wolken

Mit Kindern ab Klasse 3/4 ist es möglich, in Musikstücken Darstellungen, Symbole, Anklänge an verschiedenste Dinge des Alltags zu finden. Hier nur als Andeutungen:  Wo immer sich Friedens- und Demokratiebewegungen neu durchsetzen, erinnert man sich an Wind Of Change von den Scorpions oder an West Wind von Miriam Makeba. Der Wind als unparteiisches Wesen, das Dinge weiß (Blowin’ In The Wind) oder mit sich nimmt (Dust In The Wind) kommt in vielen Popsongs vor. Die großen Sonnenaufgänge in Also sprach Zarathustra und der Alpensinfonie von Richard Strauss oder auch in der Morgenstimmung von Grieg (aus der Suite Nr. 1 Op. 46) sind große Umsetzungen eines erhebenden Eindrucks. Die kleinen Glücksgefühle, wenn es endlich warm wird, strömen durch Here Comes The Sun von George Harrison, während die Melancholie nach einer Trennung in Ain’t No Sunshine von Bill Withers direkt der Abwesenheit von Sonnenlicht zugeschrieben wird. Ohne die Texte zu verstehen, können wir die Zuordnungen zum Wetter in Tempo, Tonart und Sounds nachvollziehen.
Das luftige Über den Wolken von Reinhard Mey und das düstere Obscured By Clouds von Pink Floyd lässt sich leicht Wolkenfotos zuordnen. Der Song Both Sides Now von Joni Mitchell, in dem sie darüber sinniert, wie das Erleben der Wolken sowohl von oben als auch von unten ihr Leben geprägt hat, ist etwas Spannendes für ältere Schüler, auch zum selber Singen. Mit solcher Arbeit verbinden wir uns mit der Welt und lernen uns selbst ein bisschen besser kennen.


Ein Lied über Sonne, Wind und Wolken

Das Lied Danke für den Sommer fasst wesentliche Aspekte unseres mitteleuropäischen Sommers zusammen: Sonne, die wärmende Kraft, Wolken, befeuchtender Schutz vor dem Austrocknen, Winde, die den Wechsel besorgen und die Erde, die Rotation auf einer schrägen Achse uns mal zu sommerlichen, mal zu winterlichen Zeiten kommen lässt.
Wir können mit Kindern Wetter- und Klimabeobachtungen machen. Die Musik ist aber mehr als die Beschreibung des Gesehenen: Wir singen eine Haltung, ein Gefühl, in diesem Fall einen Ausdruck von Dankbarkeit dafür, dass es so ist, wie es ist. Dieses Gefühl lässt sich sowohl mit religiösem Hintergrund wie auch mit sachlich-wissenschaftlichem Naturverständnis entwickeln. Dass nichts selbstverständlich ist, nichts einfach so bleibt, werden die Kinder wenige Jahre nach ihrer Grundschulzeit erleben und umweltbewusst handelnd auch beeinflussen können.
Es gibt verschiedene Einstiegsmöglichkeiten: Das Lied als Gedicht lesen und über den Inhalt sprechen, dann die Melodie dazu spielen oder das Gedicht zum Playback lesen um es nach und nach zu singen, ist eine Möglichkeit. Es einmal vorsingen, anschließend die letzte Zeile mitsingen lassen, dann nach und nach alles singen, eine weitere. Oder "ein Sommerlied" ankündigen, die Melodie mit "dü dü dü" vorsingen - "Wir malen Melodieblumen auf eine Wiese" - und anschlie­ßend die Texte einfügen, auch so geht es.
Wie wir Lieder einführen, hängt letztlich von den Beteiligten ab: Der Lehrertyp - sachlich, empathisch oder poetisch; die SchülerInnen - wissbegierig, verschlossen, laut, kindlich; die räumlichen, instrumentalen Möglichkeiten der Schule, das ganze Umfeld: alles kann auf unterschiedliche Weise für ein Lied bereit sein, wenn wir es weitergeben wollen. Auch das kleine musikalische Lernen, worunter viele eher Notenlehre, Intervalle, Rhythmen usw. verstehen, ist in diesem Lied entwickelbar: Der Anfang in Terzen zum Dur-Dreiklang, der zweite Anlauf in vier Schritten der Tonleiter, das kann einne kleine Untersuchung von Melodieverlauf und Intervallen ergeben.
Zum Singen gesellt sich ein optischer Effekt: Eine Klasse, die das Lied auswendig singen kann, stellt sich an die Klassenraumfenster und schaut beim Singen hinaus. Der Blickkontakt mit der Natur verändert das Gefühl zu den Lied­inhalten. Das kann ein lange nachwirkendes Erlebnis werden.

2 Danke für den Sommer                           M & T: M. Ansohn


2. Wolken, ihr bringt den Regen an,
dass alles weiter leben kann.
Ihr habt den Sommer weich gemacht,
dafür dank ich euch Wolken.
Hörprobe
3. Winde, ihr tragt den Samen weit,
ihr helft der Welt beim Pflanzenkleid
und, wenn es heiß ist, kühlt ihr uns,
dafür dank ich euch Winden.
4. Erde, du drehst dich jedes Jahr
so, dass noch immer Sommer war.
Irgendwann kommt er hell und warm, dafür dank ich dir, Erde.