Meinhard Ansohn
Mit Ohr und Hand und Fuß


MiG 1-201

... bei einem kleinen Rhythmus
Hände und Füße trainieren und gleichzeitig die Ohren auf das Hören von Zeitmaß, Betonung und Klang einstellen, kann fast jeder, tut es aber nicht unbedingt.
In diesem Beitrag wird ein kleines Bausteinchen aus der Musik hervorgehoben,
das lern- und wiedererkennbar ist, wann und wo immer es auftaucht.

Gehörbildung und rhythmisches Training gehören regelmäßig in die Musiklernzeit. Eins
befruchtet das Andere und im Idealfall entstehen so z.B. Lieder zu knackigen rhythmischen Begleitungen oder Tänze zu präzisen und schönen Bewegungen. Langfristiges Üben muss keine anstrengende Arbeit sein, sondern lässt sich auch spielerisch immer neu einbetten.

Ein Steinchen aus dem Rhythmus-Schatz

"Ta-ta-ta" oder "Cha-cha-cha" oder "Dingding-ding" - drei kleine, kurze Klänge sind
mehr als einer. Man kann sie als Keimzelle zu einem Rhythmus auffassen, als Motiv (in der Klassik) oder als Teil eines Motivs. Das "Ta-ta-ta" begegnet uns immer wieder und wir sollten es, wie alle unsere Rhythmusbausteinchen, pflegen durch Spiel und Training, durch Anwendung in Liedern, Instrumentalspiel und Tanz und durch Aufmerksamkeit für das Auftauchen des Steinchens in größeren Zusammenhängen.


Guten Morgen zum neuen Tag

Jede Stunde beginnt bei uns mit einem Begrüßungslied. Mit den Kleinen (Klasse eins bis drei, jahrgangsübergreifend) singen wir Guten Morgen zum neuen Tag. Auch wenn die Musikstunde in der sechsten Stunde des Tages liegt, singen es die Kinder gern. Das Lied wird zweimal gesungen. Beim zweiten Mal klatschen wir im ersten und zweiten Takt
nach "Guten Morgen" und im vierten Takt nach "neuen Tag". Hier erfolgt das kleine "Ta-ta-ta" noch ohne jede bewusste Arbeit und dient als Begleiter nur dazu, den Beginn einer Musikstunde, auf den Singen, Tanzen, Spielen, Hören, Vergleichen, Gestalten und Üben folgt, einzuläuten.

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 Guten Morgen zum neuen Tag            M & T: Meinhard Ansohn




Die "Ta-ta-ta"-Kette

Nach dem Begrüßungslied folgt oft eine kleine Übung zur Stimmbildung, zum Rhythmustraining oder zur Gehörbildung. Wenn wir das Begrüßungslied bereits ein paar Wochen gesungen haben und nach Schuljahresanfang auch die neuen Erstklässler gut mitsingen, können wir das kleine "Ta-ta-ta" zum Gegenstand dieser Übungsrunde machen. "Was gehört alles zu unserem Anfangslied?" "Ja, diese und jene Wörter. Ja, auch die Töne! Und das Klatschen? Wie geht das? Wie oft kommt es? Wann kommt es genau? Können wir es auch ohne Lied klatschen?"
Dann spielen wir es als kleine Kette. Im Kreis kommt jedes Kind dran. Wer sich noch nicht
traut, etwas allein zu tun, lässt seine Zählzeit aus und das nächste Kind ist eine Zählzeit später an der Reihe. Auch die rhythmisch sicheren Kinder können lernen, die ausgelassenen Zeiten in ihr "Zeitmanagement" einzubeziehen und auf ihre Zählzeit zu warten. So helfen sie der Klasse, dass die Kette gelingt. Die geklatschten Zeiten nennen wir dann "Perlen" und die stummen Zeiten "Glassteinchen"; unsicht- bzw. unhörbar.
Dieses Rhythmustraining üben wir in unregelmäßigen Abständen immer mal wieder, bis die Kette aus möglichst vielen Perlen besteht und nicht mehr abreißt. Zu Beginn kann dies immer eine Weile dauern.


Rhythmuskreis mit Trommeln: Gleich - verschieden - ähnlich

Wir sitzen im Kreis mit zwei Trommeln, am liebsten mit kleinen Soundshapes oder kleinen
Handtrommeln mit Schlägeln. Ein Vortrommler - anfangs am besten die Lehrperson -
trommelt das kleine "Ta-ta-ta", das Kind links hat die zweite Trommel und kann sich entscheiden: Spiele ich das Gleiche? Dann muss es tatsächlich gleich sein und Gleichmäßigkeit, Tempo und Lautstärke usw. müssen übereinstimmen. Wer sich dafür entscheidet, etwas ganz Anderes zu spielen, hat es genauso gut gemacht wie das exakt imitierende Kind.
Wer das Gleiche spielen wollte, es aber nicht ganz schafft, versucht es noch einmal anders. Gleich oder verschieden soll eine bewusste Entscheidung sein, denn das Spiel dient neben der Schulung der Konzentrationsfähigkeit auch der Eintwicklung von Selbstbewusstsein: Ich kann es genauso und ich kann es auch anders. Versehentliche Fehler passieren mir immer seltener.


Break Mixer

Der Break Mixer, ein Gesellschaftstanz aus den 1960er Jahren, ist ein idealer Begleiter des kleinen "Ta-ta-tas". Wir stellen uns zu zweit nebeneinander auf eine Kreisbahn, die Gesichter in Tanzrichtung (= gegen den Uhrzeigersinn), fassen uns an den Händen und warten das kurze Vorspiel (acht Zählzeiten, die letzte davon ist eine kleine Pause) ab. Dann gehen wir acht Schritte vorwärts und vier auseinander. Beim "Break", also der Pause, klatschen wir zunächst das kleine "Ta-ta-ta", dann stampfen wir es. Anschließend gehen wir aufeinander zu, haken uns rechts ein und tanzen zu zweit umeinander herum. Bei Zählzeit acht wechseln wir die Arme und die Richtung unseres Drehtanzes und bei der nächsten Zählzeit acht stehen wir wieder bereit zum neuen Durchgang. Damit wir dafür
richtig stehen und pünktlich mit der Musik wieder im großen Kreis losgehen können, müssen wir üben, wie groß die Schritte bei dem eingehakten Zweiertanz sein müssen.
SchülerInnen der Klassen eins bis drei sind fast immer begeis tert von diesem Tanz. Die an Dixieland plus Marimba erinnernde Musik wirkt zeitlos und die Wiederholung des kleinen "Ta-ta-tas" ist eine gute Dauerübung für viele, die meist gut klatschen, aber nicht gut stampfen. Wenn die Musik im Ohr ist, können wir eine Zeitlupenversion singen und das Klatschen und Stampfen so ein bisschen entschleunigen: um so schöner, wenn die Originalmusik danach sicherer vertanzt werden kann!
Der Tanz ist ein Mixer, also ein Tanz mit Partnerwechsel; ein Element, das gern als Höhepunkt aufgehoben und später eingebaut werden kann, wenn alles Andere sicher funktioniert. Nach den drei Stampfern geht das Kind schrägrechts zum nächsten Partner.


Gedächtnisrallye

Eine Rallye ist eine Orientierungsfahrt oder ein Erkundungsspiel mit speziellen Aufgaben. Diese Gedächtnisrallye erkundet, wie lange wir uns rhythmische Bewegungen merken können (analog zu: "Ich packe meinen Koffer ...").
Alle sitzen im Kreis. Die Lehrkraft klatscht ein kleines "Ta-ta-ta" und alle klatschen es nach. Danach folgt das geklatschte und z.B. ein gestampftes "Ta-ta-ta" und die Kinder im Kreis imitieren beides. Dann sind es drei, dann vier Figuren. Jedes Mal kommt entweder ein Klatschen oder ein Stampfen hinzu. Wer vormacht, muss genau aufpassen und sich die Reihenfolge gut merken. Ein Trick: Das Kind macht sich vorher einen Plan und hängt ihn heimlich in eine Raumecke. Wichtig ist, dass man selbst jederzeit auf Wunsch der Klasse die Folge korrekt wiederholen kann. Mit etwas Übung können es - sofern nicht weitere Klangaktionen hinzukommen - bis zu 20 "Ta-ta-tas" werden. (Tipp: In Viererketten lassen sich die Rhythmusgruppen besser merken.)


Kennt ihr schon diesen Ton?

Lieder mit dem kleinen "Ta-ta-ta" gibt es viele. Hier wird ein Lied vorgestellt, bei dem wir die Melodie im Rhythmus klatschen und stampfen oder auch mit Instrumenten wie Claves und Trommeln usw. spielen und beantworten. Später kann auch das Singen des Liedes hinzukommen.

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Kennt ihr schon diesen Ton?           T: Meinhard Ansohn, M: Trad.


Hörprobe



Ein Rhythmus umgebaut


Familie Maus hat einen geheimen Code, mit dem sie sich vor Gefahren schützt. Klopft eines der Familienmitglieder das kleine "Ta-ta-ta" viermal auf den Boden, herrscht keine Gefahr. Alle wissen: Jemand aus der Familie kehrt heim. Familie Fuchs hat gelauscht und versucht Familie Maus zu überlisten, indem sie mit den Pfoten ebenfalls auf den Boden klopft. Irgendwie hat Familie Fuchs den Code aber falsch verstanden. Familie Maus reagiert nicht. Woran liegt das?
"Offenbar hat Familie Fuchs ihre Version von den Menschen aus dem nahe gelegenen Fußballstadion gehört und meinte, das sei doch genau das Gleiche wie bei Familie Maus. Inwiefern gleichen sich die beiden Codes und worin unterscheiden sie sich? Entscheidet, ob die Familien Fuchs und Maus zusammen feiern könnten, falls Familie Fuchs satt ist und keine Maus jagen muss. Mit beiden Codes zusammen könnten sie nämlich einen schönen Partyrhythmus spielen."

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Familie Maus, Familie Fuchs                         Meinhard Ansohn


Die beiden Rhythmen eignen sich gut zur Begleitung z.B. des Liedes 1,2,3, wer hat den
Ball. Erfahrene Klassen können diese "Ryhthmus-Codes" noch weiter abwandeln, um eine
spannende Rhythmusbegleitung zu dem Lied zu erfinden.


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1, 2, 3, wer hat den Ball                         M & T: Meinhard Ansohn


2.
Egy, kettö, három, jeden, dwa, trzy, un, deux, trois, een twee, drie ...
Eins, zwei, drei ...
3.
Un, dos, tres, ich(i), ni, san, ena, thio, tria, i, ör, san ...
Eins, zwei, drei ...
4.
Oahad, tnen, thlathe, nja, dy, tre, nöng, ßong, ßam, en, två, tre
Eins, zwei, drei, wer hat? (gesprochen) Eins, zwei, drei, vier …


Jaguar - Giraffe - Elefant

Das kleine "Ta-ta-ta" erleben wir in Rhythmen, die wir spielen, klatschen, stampfen und nun auch singen. Dabei stellt sich heraus, dass dieser Baustein schon in seiner Urform sehr unterschiedlich in Sprache und Musik vorkommt. Am besten können wir das erleben, wenn wir die Sprache als Werkzeug benutzen. Gleichzeitig betreiben wir so auch die Bildung der Sprachfähigkeit selber, denn die Betonung (z.B. von Silben) ist ein bewegendes Mittel für Klanggestalten aller Art. Durch die Betonung wird eine zeitliche Ordnung von Klängen (Rhythmus) zur bewegenden Klanggestalt (Motiv).
Wir vergleichen die drei Wörter "Jaguar", "Giraffe" und "Elefant". Wenn die Kinder exotische Tiere nicht kennen, nehmen wir "Apfelsaft", "Tomate" und "Batterie" oder andere Beispiele. Zunächst klatschen wir nicht ihre Silben, sondern sprechen die Wörter und lauschen, wo die Betonung liegt. Und siehe bzw. höre da: In einem dreisilbigen Wort kann jede Silbe die betonte sein, aber nur selten kann man die Betonung austauschen. "Versucht einmal, bei 'Apfelsaft' die mittlere oder bei 'Giraffe' die erste Silbe zu betonen usw. Das hört sich ziemlich lustig an." Auf Sprache zu lauschen ist etwas sehr Musikalisches. Für lesende Klassen entwickeln wir eine Wortliste mit dreisilbigen Wörtern zu der Aufgabe: "Sprich dir selbst das Wort vor. Finde die betonte Silbe und unterstreiche sie." Hier eine kleine Auswahl: Sellerie, Banane, Krokodil, Paprika, Lehrerin, Fantasie, Tapete, ... Mit unserer Kenntnis von Betonungen, die aus unserem kleinen "Ta-ta-ta" gleich drei verschiedene Motive zaubern, können wir Lieder und Musikstücke rhythmisch sicherer hören und wiedergeben. Nicht in jedem Musikstück ist das kleine "Ta-ta-ta" ein bestimmendes, aber doch ein wiederkehrendes Motiv. So treibt es z.B. in Mozarts 40. Sinfonie gleich den ersten Satz an. Viele hören es dort als "Elefant"-Variante. Im Barock: Bach, h-Moll-Suite, 2. Satz: "Jaguar"; beim Schlager: Bill Ramsey: Pigalle: "Giraffe"; im Pop: Beatles, Ob-la-di, Ob-la-da: "Elefant". In vielen Liedern taucht ein Motiv auf diese Weise immer wieder auf. Ohren auf und mitgetippt!


Gassenspiel

Die Kinder stehen sich paarweise im Abstand von etwa drei, vier Metern gegenüber, und bilden eine Gasse. Ein Kind klatscht das kleine "Ta-ta-ta", das Partnerkind stampft den gleichen Rhythmus mit den Füßen. Dasselbe tut das nächste Paar bis hin zum letzten. Dann
wechseln die Paare ihre Rollen und es gibt einen neuen Durchgang. In der nächsten Runde
fängt wieder das erste Paar an. Diesmal entscheidet das vormachende Kind spontan, ob es
stampft oder klatscht. Das Partnerkind muss reagieren und jeweils das geklatschte "Ta-ta-ta" stampfen oder das gestampfte klatschen. Am Ende der Reihe wechseln wieder die Rollen. Meistens ist das für die Klassen eins bis drei so motivierend, dass sie das noch einmal spielen wollen. Dann sind allerdings Varianten wichtig, denn sonst erschöpft sich das Spiel zu schnell, z. B. als nächstes leise / laut, schnell / langsam vormachen / imitieren. Um den Schwierigkeitsgrad zu erhöhen, kann ein Platzwechsel der Paare eingebaut oder eigene Rhythmen probiert werden. Wichtig ist, nie alles auf einmal einzuführen und gut zu beobachten, ob das Spiel noch Spaß macht! Wenn die Kinder es immer wieder fordern, war und wird alles gut.

Szenisches Spiel

Kinder, die gern Theater spielen, brauchen nicht immer Wörter für ihr Spiel. Beliebt sind Szenen zu zweit, in denen sich die Kinder z. B. mit Musikinstrument oder in diesem Fall mit Handklatschen und Fußstampfen unterhalten. Ob sich die beiden unterschiedlichen Wesen, Frau "Handland" und Herr "Fußland", wohl verstehen? Was ist stärker, das Laute oder das Leise? Was würde sich verändern, wenn ihr laut und leise oder ihr als "Hand-" und "Fußländer" die Rollen vertauscht? Wichtig beim Spiel: Kein Klatschen und kein Stampfen darf so kräftig sein, dass sich jemand verletzt!


Fußtippen und Fußduell

Den Puls der Musik zu finden und mitklatschen zu können, ist wichtig für die Musikempfindung und das gemeinsame Musikspiel. Abwechselnd bei einem Musikstück mit der Hand, beim anderen mit dem Fuß ausgeführt, macht die Übung mehr Spaß und die Musik erreicht den ganzen Körper. Wenn die Musik sich eignet, können wir das kleine "Ta-ta-ta" dazu klopfen oder mit den Fußspitzen tippen. Witzige Bewegungen im Rhythmus zu erfinden ohne aus dem Puls zu fallen, macht Spaß! Und als Fußduell, auf zwei gegenüberliegenden Stühlen sitzend oder einander gegenüberstehend (mit Schiedsrichtern!) ist diese Übung nicht nur eine sportliche Herausforderung, sondern auch
fast schon eine Vorübung für Flamenco, Tango und Co.
Das Spiel mit den Füßen können wir bei Youtube ansehen: Dancing feet with moda in Pelle Ladies Shoes. Es kann motivieren, selbst mit Spaß und Mut Eigenes zu kreieren. Weitere Fußspiele finden sich ebenfalls auf Youtube: Bach: pedal exerzitium, BWV 598 oder Monster Piano Shows, wo auf Riesentasten tanzend Klavier gespielt wird.


Der Traum des Nashorns, op. 92

Ein Mann, der nur mit den Füßen auf dem Waldhorn spielt, weil er ohne Arme geboren ist,
zeigt uns, was alles (un)möglich erscheint, wenn uns unsere physische Konstituion hindert
(siehe Youtube: Felix Klieser zu Rêveries).
Der Traum des Nashorns (1994) ist ein Stück des norwegischen Komponisten Trygve Madsen für Waldhorn solo. Es handelt sich um sehr melodische Musik und auch hier findet sich ein kleiner Rhythmusbaustein. Der Beginn des Stücks könnte mitgesungen werden: "Der Elefant ist krank", mit einem langen "Der" am Anfang.
Wir hören das Stück nach Bekanntgabe des Titels und der Eingansgidee: Das Nashorn träumt, dass der Elefant krank ist. Nach dem Hören des Stücks haben wir Fragen: "Wo geht
das Nashorn hin? Rennt es, läuft es gemütlich, tanzt es, trifft es sich mit Anderen? Wie ist das Wetter? Gibt es genug zu trinken?" Beim nächsten Hören gehen wir als "Handnashorn" mit vier Fingern über den Tisch, schwanken, tanzen, schnüffeln usw. Wir beobachten unsere Hand und probieren den gleichen "Tanz" danach selbst auf allen Vieren. Anschließend imitieren wir unser Nashorn auf zwei Beinen und denken uns zu zweit eine kleine Szene aus, die wir dann den anderen Kindern vorspielen. Ob das "Ta-ta-ta" in der kleinen Szene zu sehen ist?